top of page
Region

Wesseling - Eine spannende Geschichte

Die Geschichte der Stadt Wesseling reicht bis in die Antike zurück. Bereits in vorchristlicher Zeit war das Gebiet zwischen Köln und Bonn durchzogen von Handelswegen und besiedelt von keltischen Stämmen. Mit dem Vordringen der Römer ins Rheinland ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich das Gebiet des heutigen Wesseling zu einem wichtigen Punkt am Rhein. Besonders die günstige Lage direkt am Fluss machte den Ort für die Römer strategisch wertvoll.


Archäologische Funde belegen, dass im Raum Wesseling mehrere römische Gutshöfe – sogenannte villae rusticae – existierten. Diese waren auf landwirtschaftliche Produktion spezialisiert und versorgten das nahe gelegene Köln, damals die römische Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Auch eine Rheinfähre und kleinere militärische Anlagen sollen in der Nähe existiert haben, was die Bedeutung des Standortes unterstreicht.

Der Name „Wesseling“ wird in diesem Zusammenhang auf das lateinische „Wasliacum“ zurückgeführt – ein Ort, an dem ein gewisser „Wasilius“ Land besessen haben soll. Die römischen Spuren prägen das Bild der frühen Stadtgeschichte und sind bis heute Bestandteil regionaler Forschungsarbeit.


Mittelalterliche Entwicklung und kirchliche Einflüsse

Nach dem Zerfall des Römischen Reiches ging das Rheinland in den Besitz fränkischer Herrscher über. Die Region um Wesseling blieb auch in dieser Zeit ein wichtiges Durchgangsgebiet. Bereits im 8. Jahrhundert wurde der Ort in Urkunden des Klosters Prüm erwähnt. Im Mittelalter entwickelte sich Wesseling zu einem kleinen, aber wirtschaftlich stabilen Dorf, das eng mit den Klöstern und kirchlichen Institutionen der Region verbunden war.


Die Bevölkerung lebte größtenteils von der Landwirtschaft, dem Fischfang im Rhein sowie dem lokalen Handwerk. Der Rhein blieb über Jahrhunderte hinweg ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung, da er sowohl als Transportweg als auch als Nahrungsquelle diente. Auch erste Fährverbindungen wurden etabliert, die den Handel zwischen dem linken und rechten Rheinufer förderten.


Wesseling gehörte lange Zeit zum Kurfürstentum Köln. Die kirchliche Herrschaft brachte Stabilität, aber auch Abhängigkeit. Viele der heutigen Ortsteile wie Berzdorf, Urfeld oder Keldenich entstanden in dieser Zeit als eigenständige Siedlungen mit eigener Verwaltung und oftmals eigener Kirche. Noch heute sind einige mittelalterliche Bauwerke, insbesondere Kapellen und Bauernhöfe, im Stadtbild erhalten.


Französische Besatzung und preußische Verwaltungsstruktur

Ein Wendepunkt in der Geschichte Wesselings war die französische Besetzung des Rheinlandes ab 1794. Die französische Revolution veränderte die politischen Verhältnisse nachhaltig: Die kirchliche Grundherrschaft wurde aufgehoben, feudale Rechte abgeschafft, und die Verwaltung neu organisiert. Wesseling wurde unter französischer Herrschaft Teil des sogenannten Roer-Departements. Nach dem Wiener Kongress 1815 fiel das Rheinland und damit auch Wesseling an das Königreich Preußen. Die neue preußische Verwaltungsstruktur brachte mehr Effizienz und Rechtsklarheit. Der Ort wurde dem Kreis Köln zugeordnet und entwickelte sich fortan als preußische Landgemeinde. Die Rheinlage und die Nähe zu Köln und Bonn spielten weiterhin eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung, auch wenn Wesseling zunächst ein ländlich geprägter Ort blieb.


Industrielle Revolution und Wandel zur Arbeiterstadt

Mit Beginn der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert änderte sich das Gesicht Wesselings grundlegend. Die strategisch günstige Lage am Rhein machte die Stadt zu einem idealen Standort für Industrieansiedlungen. 1880 gründete die Firma Chemische Fabrik Wesseling eine Produktionsstätte, die später in den Konzern Hoechst integriert wurde. Dies war der Beginn einer industriellen Entwicklung, die Wesseling tiefgreifend prägen sollte.

Mit der zunehmenden Industrialisierung siedelten sich weitere Betriebe an, insbesondere aus der Chemie- und Mineralölbranche. Die Shell Rheinland Raffinerie, heute einer der größten Arbeitgeber der Stadt, nahm Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Betrieb auf. Der wachsende Bedarf an Arbeitskräften führte zu einem rasanten Anstieg der Bevölkerung. Es entstanden neue Wohngebiete, Arbeiterwohnungen und Infrastrukturprojekte wie Schulen, Krankenhäuser und öffentliche Verkehrsmittel.


Wesseling entwickelte sich in dieser Zeit zur typischen Industriestadt des Rheinlands. Trotz aller wirtschaftlichen Fortschritte brachte die Industrialisierung auch Herausforderungen mit sich: Umweltverschmutzung, soziale Spannungen und eine starke Abhängigkeit vom industriellen Erfolg einzelner Großunternehmen bestimmten das Stadtbild.


Zweiter Weltkrieg und Wiederaufbau

Der Zweite Weltkrieg hinterließ in Wesseling deutliche Spuren. Aufgrund seiner industriellen Bedeutung war die Stadt Ziel alliierter Luftangriffe. Insbesondere die Raffinerien und Chemiewerke wurden mehrfach schwer beschädigt. Viele Wohnhäuser wurden zerstört oder beschädigt, zahlreiche Einwohner verloren ihr Leben oder mussten fliehen. Nach Kriegsende begann ein intensiver Wiederaufbau, der von der wirtschaftlichen Bedeutung der ansässigen Industriebetriebe getragen wurde. Die Produktionsstätten wurden modernisiert und wieder in Betrieb genommen. Gleichzeitig setzte ein Bauboom ein, um die Wohnungsnot zu lindern. Die Stadt wuchs weiter und erhielt 1970 schließlich offiziell die Stadtrechte.


Der Wiederaufbau war geprägt von einem starken Gemeinschaftsgefühl. Viele Bürger engagierten sich in Vereinen, in der Kommunalpolitik oder in sozialen Projekten. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde Wesseling zu einem Ort, der sowohl von wirtschaftlichem Fortschritt als auch von bürgerschaftlichem Engagement lebte.


Wesseling heute – zwischen Industrie, Wohnen und Natur

Im 21. Jahrhundert präsentiert sich Wesseling als moderne Stadt mit rund 38.000 Einwohnern. Die Industrie, insbesondere die chemische und petrochemische Produktion, bleibt ein zentraler Bestandteil der städtischen Identität. Die Shell Raffinerie, Evonik und andere Großunternehmen haben ihren Sitz in Wesseling und sichern zahlreiche Arbeitsplätze in der Region. Gleichzeitig hat die Stadt verstärkt in die Modernisierung ihrer Infrastruktur und die Verbesserung der Lebensqualität investiert.


Wesseling hat sich auch als attraktiver Wohnstandort im Einzugsgebiet von Köln etabliert. Die Nähe zur Metropole, eine gute Anbindung durch die Stadtbahnlinie 16 und die Rheinlage machen die Stadt für Pendler und Familien interessant. Parks, Freizeitmöglichkeiten und ein aktives Vereinsleben sorgen für ein lebenswertes Umfeld. Trotz der starken industriellen Prägung legt die Stadt zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Projekte zur Renaturierung des Rheinufers, zur Verbesserung der Luftqualität und zur Förderung von Bildung und Kultur sind fester Bestandteil der kommunalen Agenda.

5 spannende Geheimnisse

Verborgene Römerstraße unter der Innenstadt von Wesseling

Tief unter der heutigen Innenstadt von Wesseling schlummert ein Stück antiker Geschichte. Archäologische Untersuchungen haben Hinweise auf eine alte römische Handelsstraße erbracht, die einst Köln mit der Region Bonn verband. Diese Route verlief durch das Gebiet des heutigen Wesseling und diente vor allem dem Handel und militärischen Truppenbewegungen. Überreste wie gepflasterte Steine und Keramikfunde belegen die Existenz dieser bedeutenden Verbindung. Besonders spannend ist, dass große Teile der Straße heute unter modernen Straßen und Gebäuden verborgen liegen, ohne dass sie der Öffentlichkeit zugänglich sind. Gelegentliche Baumaßnahmen bringen jedoch immer wieder Teile dieser Geschichte ans Licht. Für Historiker und Archäologen ist die unterirdische Römerstraße ein faszinierendes Relikt der Vergangenheit und ein Symbol für die lange Besiedlungsgeschichte Wesselings. Das Wissen über diese Straße zeigt, dass die Stadt schon in der Antike ein wichtiger Knotenpunkt war – lange bevor sie sich zur heutigen Industriestadt entwickelte.


Der geheimnisvolle Wasserturm in Keldenich

Der unscheinbare Wasserturm im Stadtteil Keldenich birgt mehr als nur Technikgeschichte. Lange Zeit diente er nicht nur der Wasserversorgung, sondern auch als geheimer Aussichtspunkt während des Kalten Krieges. Von seiner erhöhten Position aus war es möglich, große Teile des Rheinlands zu überblicken – ein strategischer Vorteil, der dem Turm eine zweite, lange unbekannte Funktion verlieh. In alten Unterlagen von Behörden finden sich Hinweise darauf, dass er bei Übungen des Zivilschutzes als Beobachtungsposten genutzt wurde. Zudem gab es Gerüchte über unterirdische Verbindungsgänge, die zu nahegelegenen Bunkern führten. Diese Gänge konnten bisher nicht vollständig nachgewiesen werden, was den Mythos um den Turm weiter verstärkt. Heute steht der Wasserturm unter Denkmalschutz, seine Geschichte ist nur wenigen bekannt. Das Bauwerk ist ein stiller Zeitzeuge aus einer Epoche, in der auch Orte wie Wesseling Teil globaler Spannungen waren – ein faszinierendes Kapitel der Stadtgeschichte.


Das verschwundene Kloster an der Urfelder Straße

In der Nähe der heutigen Urfelder Straße existierte einst ein kleines, mittelalterliches Kloster, das im 14. Jahrhundert gegründet wurde. Dieses Kloster spielte eine zentrale Rolle für die Region, sowohl spirituell als auch wirtschaftlich. Es beherbergte Mönche, die sich der Bildung, dem Ackerbau und der Pflege armer und kranker Menschen widmeten. Mit der Säkularisation im frühen 19. Jahrhundert wurde das Kloster aufgelöst und die Gebäude verfielen. Heute gibt es keine sichtbaren Überreste mehr, nur der Straßenname und einige Archivdokumente erinnern an das einstige geistliche Zentrum. Archäologische Untersuchungen wurden bisher kaum durchgeführt, obwohl es starke Hinweise auf noch vorhandene Fundamente im Untergrund gibt. Das Kloster ist heute ein vergessenes Kapitel der Wesselinger Geschichte, dessen Bedeutung weit über die Stadtgrenzen hinausreichte. Die Vorstellung, dass unter den modernen Gebäuden Spuren eines spirituellen Ortes verborgen liegen, verleiht der Urfelder Straße einen Hauch von Mystik und macht das Thema für Historiker und Lokalinteressierte gleichermaßen spannend.


Das unterirdische Kühlkanalsystem der Raffinerie

Die Raffinerien in Wesseling sind weithin sichtbar, doch ein besonders spannendes Detail bleibt meist unbeachtet: das weitverzweigte, unterirdische Kühlkanalsystem. Dieses dient der Temperaturkontrolle von Anlagen und Flüssigkeiten und ist zum großen Teil unterirdisch angelegt – aus Gründen der Sicherheit und Effizienz. Die Kanäle verlaufen in einem komplexen Netz unter Teilen der Industrieanlagen und reichen bis an den Rhein. Nur ein kleiner Kreis von Fachleuten kennt die genauen Wege dieser Wasserläufe, die teilweise über Jahrzehnte hinweg unberührt blieben. Bei Wartungsarbeiten kommen gelegentlich alte Leitungsabschnitte ans Licht, die noch aus den Anfangsjahren der industriellen Nutzung stammen. Dieses System ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern erzählt auch die Geschichte des industriellen Wachstums Wesselings. Es ist ein unsichtbarer, aber unverzichtbarer Bestandteil des Wirtschaftsstandorts und verdeutlicht, wie viel Infrastruktur sich unter unseren Füßen verbirgt – verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit, aber essenziell für das Funktionieren des modernen Industriekomplexes.


Die Künstler-Ateliers im alten Bahnhofsgebäude

Das alte Bahnhofsgebäude in Wesseling birgt ein kreatives Geheimnis: In den oberen Etagen, die lange ungenutzt waren, haben sich in den letzten Jahrzehnten mehrere Künstlerateliers angesiedelt. Diese Entwicklung verlief weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit, da es sich um private Initiativen handelte. Maler, Fotografen und Kunsthandwerker nutzen die historischen Räumlichkeiten, um in Ruhe zu arbeiten und ihre Werke fernab des kommerziellen Kunstbetriebs zu schaffen. Gelegentlich öffnen sie ihre Türen im Rahmen lokaler Kunstevents, was das Gebäude zu einem Geheimtipp für Kulturinteressierte macht. Die Atmosphäre im alten Bahnhof, mit seinen hohen Decken und historischen Fenstern, verleiht den Kunstwerken eine besondere Note. Das kreative Leben, das sich hier über Jahre entwickelt hat, steht im Kontrast zur geschäftigen Industrielandschaft, für die Wesseling bekannt ist. Die Künstlergemeinschaft hat es geschafft, einen vergessenen Ort mit Leben zu füllen und ein Stück kultureller Identität im Herzen der Stadt neu zu erfinden.

bottom of page